Ein Ehrenamt kann sehr belastend sein. Für jeden ehrenamtlichen Funktionsträger ist es deshalb wichtig, immer mal wieder innezuhalten und Bilanz zu ziehen. Das gilt besonders dann, wenn es nicht richtig rund läuft.
Der Jahresrückblick ist dabei eine wertvolle Hilfe, um seiner Unzufriedenheit nachzugehen. Der Vereinsrückblick ersetzt den persönlichen nicht, er ist viel mehr eine gute Grundlage für einen persönlichen Rückblick.
Unzufriedenheit ist ein Symptom für Probleme
Immer dann, wenn Sie als Funktionsträger längere Zeit unzufrieden sind, sollten Sie innehalten. Insbesondere wenn Sie bei sich für längere Zeit ein Grübeln beobachten oder ein Jammern, sollten Sie anfangen, Ihre Störgefühle rational zu bearbeiten.
Versuchen Sie, ihr Unwohlsein so präzise wie möglich zu beschreiben. Es kann sein, dass dieser Schritt eine Zeit braucht. Sie müssen Stück für Stück zusammentragen, woran sich Ihre Störgefühle fest machen. Erst wenn Sie diese zusammengetragen haben, können Sie prüfen, ob es objektiv ein Problem gibt und dem nach gehen.
Dabei gehen Sie am besten in drei Schritten vor:
- Etwas stimmt nicht:
Mit dem Beschreiben der Störgefühle und der Auslöser dafür ermitteln Sie, ob objektiv ein Problem vorliegen könnte. Ein “echtes” Problem liegt vor, wenn es klare Kriterien gibt, z.B. Rechtspflichten oder Vereinbarungen verletzt werden. Dann besteht auch ein Handlungsbedarf. - Etwas stimmt mit mir nicht./Etwas stimmt für mich nicht.
Empfinde ich allein ein Problem? Bin ich zuständig bzw. verantwortlich, oder nicht?
Auf einer anderen Ebene liegt die Frage, ob alle Zuständigen das (objektiv vorhandene) Problem wahrnehmen. Dann haben Sie die Aufgabe, das Problem allen bewußt zu machen und eine Problembearbeitung zu veranlassen.
Es kann sich aber auch herausgestellt haben, daß kein objektives Problem vorliegt. Vielleicht empfinden Sie ein Problem, weil Sie andere Erwartungen oder andere Ziele haben als Ihre Vereinskollegen. Dann liegt ein subjektives Problem vor. Für alle anderen besteht kein Handlungsbedarf und auch keine Notwendigkeit. Sie können für Ihre Ziele und Pläne nur werben. - Etwas stimmt mit Dir nicht./Für das Problem ist ein anderer zuständig bzw. ein anderer verursacht das Problem.
Unabhängig von der Frage, ob tatsächlich ein Problem vorliegt steht immer noch die Frage der Zuständigkeit im Raum: Gibt es einen Problemverursacher? Liegt das Problem, das Sie empfinden in der Zuständigkeit eines Anderen? Können Sie etwas an der Situation ändern?
Fallbeispiel
Ein neuer Vorstand hat sich konstituiert. Die Aufgaben innerhalb des Vorstandes sind verteilt auf Finanzen, Kommunikation und Veranstaltungen.
Der Vorstand will den Verein beleben, so der Beschluss. Es ist alles beschlossen, mindestens vier Veranstaltungen im Jahr an unterschiedlichen Orten zu spannenden Branchenthemen. Es sollen, wenn möglich, Mitglieder ihre Expertise zeigen. Doch dann – passiert nichts.
Der Vorstand Kommunikation hat die Aufgabe über die Aktivitäten im Verein zu berichten. Da es aktuell keine Veranstaltungen gibt, berichtet er von externen Veranstaltungen und Partnerverbänden, um eine interne Kommunikation zu bieten.
Es entwickelt sich bei Vorstand Kommunikation Unzufriedenheit, die langsam anwächst. Da das Budget knapp ist, knobelt Vorstand Kommunikation, wie die beschlossene Veranstaltungsreihe entwickelt werden könnte, macht Vorschläge und unterbreitet sie dem zuständigen Vorstand. Er sieht in dem Projekt viele Vorteile: Es gäbe wieder gemeinsame Aktivitäten, die Mitglieder könnten ihre Expertise beweisen und es gäbe eine Reihe von Möglichkeiten zu berichten.
Nichts passiert.
Wo genau liegt das Problem?
In dieser Situation stimmt etwas nicht. Liegt objektiv ein Problem vor?
Es gibt einen Vorstandsbeschluss über Aktivitäten. Diese Aktivitäten werden nicht ausgeführt.
Beschlossen wurden ja vier Veranstaltungen für das Jahr. Realisiert wurden sie nicht. Also lässt sich das Fazit ziehen: Es liegt objektiv ein Problem vor. Das gemeinsam beschlossenen Ziel wurde anscheinend nicht erreicht.
Darüber hinaus ist das Nichterreichen für die Mehrheit des Vorstandes kein Problem oder Anlass zu Aktivitäten.
Der Vorstandsbeschluss ist mit einer klaren Zuständigkeit verbunden: Der Vorstand Veranstaltungen hat das Ziel nicht realisiert. Er ist federführend zuständig. Ohne seine Leistung finden Folgeleistungen, wie Kommunikation, Öffentlichkeitsarbeit, Mitgliederpflege… nicht statt. Es stimmt etwas mit XX nicht. Der Vorstand Kommunikation ist sekundär betroffen.
Der Vorstand Kommunikation empfindet die Situation als Problem. Damit macht er sich zum Problembesitzer.
Von Problembesitzern und Problembetroffenen
Wer ein Problem empfindet und sich zuständig fühlt ist ein Problembesitzer.
Es gibt den objektiven Problembesitzer, das wäre der, der das Problem hat und auch dafür zuständig ist und auch etwas tun können sollte.
Daneben gibt es den empfundenen Problembesitzer, der ist häufig nur ein Problembetroffener. Bei ihm kann es sich aber auch um einen Nichtbetroffenen handeln.
Diese Person macht sich das Problem zu eigen und ist in meist in einer Ausnahmesituation, weil diese Person wenig bis keine Handlungsmöglichkeiten hat. Je machtloser, desto schwieriger die Situation.
Problembetroffene, die sich als Problembesitzer fühlen, sind meist sehr unbequem und sehr unzufrieden.
Wer Problembetroffen, aber nicht der Zuständige mit Handlungsvollmacht ist sollte sich ehrlich machen
Wenn dies auf Sie zutrifft, dann gilt es zu prüfen:
- Change it
- Love it
- Leave it
Können Sie etwas ändern? Können Sie Ihre Einstellung ändern? Beides geht nicht? Dann ziehen Sie einen Schlußstrich. Das ist besser für Ihre Seele und Ihre Gesundheit. Achten Sie auf Ihr persönliches Wohlergehen.
Sie sehen, eine persönliche Jahresbilanz ist wichtig.
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