Von Fußballklubs kennen wir es schon: Die Angst vor dem Klubsterben. Doch in diesen Tagen geht die Angst auch in vielen Vereinen um, egal, ob es sich um Sport-, Züchter-, Freizeitverein oder den bundesweit operierenden Berufsverband handelt. In dieser Woche gab es aufgrund der aktuellen Corona-Beschränkungen sogar eine Dringlichkeitssitzung der Weiterbildungsverbände, um den aktuellen Notstand zu besprechen.
Die Finanzen – DAS Problem der Vereine
Letztlich laufen alle Probleme der Vereine auf die Finanzen hinaus:
- Viele Vereine haben Schwierigkeiten, Einnahmen zu generieren.
- Mitgliedsbeiträge können jetzt häufig nur noch schwer eingezogen werden, weil so manches Mitglied klamm ist.
- Einnahmen aus Wirtschaftstätigkeiten fallen weg, weil jede Einnahme, die mit physischen Begegnungen verbunden ist, nicht mehr erzielt werden kann.
- Andererseits lassen sich Ausgaben nur schwer reduzieren, Personalkosten lassen sich kaum völlig stoppen. Miteinnahmen lassen sich nur bis Ende Juni aussetzen, müssen dann aber nachgezahlt werden. Laufende Betriebsausgaben sind weiterzuzahlen.
Bedeutendstes Nebenproblem: Wann sich die Lage normalisiert, ist völlig unklar. Aus den ursprünglich zwei Wochen Corona-Beschränkungen, die die Bundesregierung erklärt hat, wurden mittlerweile vier Wochen. Doch die Zahlen aus China sprechen eine andere Sprache: Dort haben alle Maßnahmen der Regierung erst nach acht Wochen volle Wirksamkeit erzielt. Experten rechnen daher mit einer Ausdehnung der Zwangsunterbrechung bis Ende Mai.
Was bedeutet das für die Zukunft der Vereine?
Die Situation wird für viele existenzbedrohend. Vermutlich sind nicht nur Vereine im Profifußball, sondern auch viele der sogenannten “normalen” Vereine und Interessenverbände von Insolvenz bedroht.
Den Vereinen steht buchstäblich das Wasser bis zum Hals.
Ein Vereinssterben in drei Wellen
Die erste Welle wird jene Vereine mit einem knappen Finanzpolster und geringer Liquidität erfassen. Bedroht sind aber auch jene, die einen hohen Bedarf an Zusatzeinnahmen haben und darüber ihre laufenden Ausgaben finanzieren. Sie haben keine Polster, auf die sie jetzt zurückgreifen können, Mitgliedsbeiträge könnten zwar eingetrieben werden, doch wie, wenn die Mitglieder jetzt möglicherweise selbst um ihre Existenz fürchten.
Die zweite Welle wird jene Vereine erfassen, die knappe Finanzpolster haben und gleichzeitig vergleichsweise hohe Ausgaben haben. Glücklich, wer einen Teil der Leistungen auch nicht-physisch erbringen kann, z.B. in Form von online-Beratungen oder online-Kursen. Das Problem wird bei diesen Vereinen allerdings die Ausgabenstruktur sein, gelingt es nicht, die Ausgaben zu reduzieren, werden diese Vereine über kurz oder lang sterben.
Und in der dritten Welle wird es schließlich auch jene Vereine mit einem satten Finanzpolster erwischen. Bleiben Veranstaltungseinnahmen weg, sinken mit Mitgliederzahlen die fixen Einnahmen, dann bleiben über kurz oder lang auch Sponsorenzuwendungen oder Spenden weg, dann können auch gut situierte Vereine nicht dauerhaft durchhalten.
In den meisten Vereinen war der Haushalt auf Naht gestrickt
Dabei planen die meisten Vereine ohnehin schon knapp. Sie können sich Einnahmeverluste, vor allem länger andauernde, nicht leisten. Und Krisenzeiten werden – weil unrealistisch – in der Regel auch nur wenig bis gar nicht eingeplant.
In keinem Krisenszenario gibt es Annahmen über eine Situation wie heute
Wenn man ehrlich ist, nur wenige, professionell geführte Vereine haben überhaupt ein vorausschauendes Krisenmanagement. Wie negativ sich das auswirkt zeigt das Handeln des DFB in der Krise um Mesut Özil oder auch das aktuelle Verhalten des internationalen Olympischen Komittees in der Frage der Verschiebung von Olympia 2020.
Auch das ist ein Grund dafür, daß die überwiegende Mehrheit der Vereine auf die aktuelle Krise so schlecht vorbereitet ist.
Doch speziell an der Krise heute ist, daß sich ihre Dauer nicht abschätzen lässt. Wer sich in seinen Planungen auf die offiziellen Verlautbarungen verließ, musste seine Daten in schneller Folge korrigieren. Und selbst wenn die Krise offiziell als beendet gilt, wird es dauern, bis sich das Leben normalisiert.
Kommunale Vereine versus Interessenverein
Dabei steht es für kommunale Vereine besser als für die Interessenvereine. Das zeigt sich an der Wertschätzung für das Ehrenamt. Während lokale kommunal operierende Vereine in einem Netzwerk existieren und Spenden von Banken, lokalen Unternehmen und Initiativen erhalten, sieht es bei Interessenverbänden anders aus. Ihnen fehlen vergleichbare Unterstützungsnetzwerke. Ein kommunaler Verein wird häufig von den Kommunen – und sei es immateriell – unterstützt. Dies Spannen das Netz auf, um ein Vereinssterben zu verhindern.
Interessenverbände erhalten weder Preise noch andere Ehrungen und Vergünstigungen. Für sie gibt es keine Ehrenamtskarten, die z.B. kostenlose Fahrten ermöglichen.
Daher sind Interessenverbände in höherem Maße von der Gefahr einer Insolvenz betroffen.